Arbeitsalltag, Berufsleben, Coach, Emotionen, Gefühle
Haben Gefühle Platz im Arbeitsleben? Darf ich meinen Gefühlen offen und ehrlich Ausdruck verleihen? Warum ist das in der Vergangenheit auch mal so richtig schief gegangen? Diese und ähnliche Fragen schwirren mir seit ein paar Monaten im Kopf herum. Angefangen hat es mit einer neuen Arbeitsstelle, bei der ich zu Beginn gefühlt von negativen Gefühlen überflutet wurde und nicht wusste, wie ich damit umgehen sollte. Mittlerweile habe ich mich ein bisschen ge-settled und fühle mich langsam sicherer im Job. Geholfen haben mir dabei berufliches Coaching und ein Buch, das ich mir von einer Kollegin ausgeliehen habe: Gefühle @work ~ Wie emotionale Kompetenz Unternehmen transformieren kann.
Die Autorin Vivian Dittmar gibt in diesem Büchlein einen Überblick über ihre grundlegenden Erkenntnisse des oft schwammigen Gefühl-Begriffs. Eine erste wichtige Unterscheidung, die sie trifft und deren Verständnis mir weiter geholfen hat, ist der Unterschied zwischen Gefühlen und Emotionen. Unter Gefühlen versteht sie notwendige soziale Kräfte, während Emotion bei ihr „Gefühle aus der Vergangenheit [bezeichnet], die damals überwältigend waren und deshalb nicht gefühlt wurden“ (S. 37). In diesem Zusammenhang spricht sie auch von emotionalen Altlasten. Für mich persönlich schließe ich daraus Folgendes: Wenn ich im zwischenmenschlichen Miteinander von einer Sache so ge-triggered werde, dass sich meine Gedankenwelt fast nur noch darum dreht, ist wahrscheinlich eine emotionale Altlast im Spiel und ich hüte mich besser davor, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen.
Gleichzeitig ist jedoch nicht zu vergessen, dass Gefühle eine soziale Funktion haben. Auch wenn ich weiß, dass ich schnell ge-triggered werden kann, ist es wichtig, Gefühle zu erkennen und erst einmal für mich auch anzunehmen. Egal ob mit einer emotionalen Altlast oder einem Gefühl als soziale Kraft; irgendwie muss ich mich damit auseinandersetzen, sonst geht der Schuss nach hinten los.
Die vielleicht nett gemeinten Ratschläge in Bezug auf mein reges Gefühlsleben wie ‚Mach dir nicht so viele Gedanken‘ oder auch ‚Leg dir mal eine dickere Haut zu‘, haben bei mir noch nie zu viel geführt, außer dass ich mich unverstanden fühle und vielleicht selbst noch mehr verurteile.
- Zurück zu Vivian Dittmar und den Gefühlen @work: Sie hat einen Gefühlskompass entwickelt, bei dem sie 5 Grundgefühle unterscheidet; das sind Angst, Freude, Scham, Trauer und Wut. Da kommt bei mir gleich das Bild aus dem Pixar-Film „Alles steht Kopf“ hoch, der das Zusammenspiel dieser Gefühle anschaulich darstellt (mit Ausnahme von Scham; stattdessen ist in dem Animationsfilm Ekel das fünfte Grundgefühl). Im Buch beschreibt die Autorin, welche Kraft in jedem der 5 Grundgefühle steckt, wobei ihr sehr wichtig ist, dass sich jedes Gefühl positiv und negativ äußern kann. Gehen wir sie der Reihe nach durch: Angst kann in der positiven Ausprägung zu Innovation führen, weil ich mich überwinden muss. Die Schattenseite von Angst ist Lähmung, wenn ich mich einfach nicht überwinden kann. Freude drückt sich positiv über Wertschätzung aus und zwar darüber, dass etwas, das erwartet wurde, tatsächlich eingetroffen ist. Wenn ich mir allerdings einen Fehlschlag nicht eingestehen kann und stattdessen alles ’schön rede‘, zeigt sich der Schatten der Freude als Illusion. Scham als soziale Kraft ist dann hilfreich, wenn ich mich selbst reflektiere und meinen Umgang mit meinen Mitmenschen überdenke bzw. einen anderen damit finde. In der negativen Ausprägung führt Scham dazu, dass ich mich ständig in Frage stelle – Vivian Dittmar spricht hier von Selbstzerfleischung. Trauer führt im positiven Sinne dazu, dass ich Situationen annehmen kann, die unabänderlich sind. Die Schattenseite von Trauer ist die Resignation; wenn ich zu schnell aufgebe, weil ich denke, ich kann eh nichts verändern.
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